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Quereinsteiger als positiver Diversity Asset

In Zeiten des Fachkräftemangels übersehen wir wertvolles Potential.

Von Kathrin Wood

Laut Handelsblatt können sich rund 60% der Beschäftigten in Deutschland einen Wechsel in eine andere Branche vorstellen. In der Post-COVID-Arbeitswelt suchen viele nach Sinnhaftigkeit im Job, wünschen sich eine bessere Work-Life-Balance und nicht zuletzt auch mehr Gehalt. Und so wächst auch die Bereitschaft der Arbeitenden, einen Quereinstieg zu wagen in Zeiten des aktuellen Arbeitnehmermarktes.

Warum ist der Begriff „Quereinsteiger“ in den Augen vieler Arbeitgeber immer noch negativ besetzt ist?

Der Begriff „Quereinsteiger“ wurde 2004 erstmals in den Duden aufgenommen und wird als Bezeichnung für Personen verwendet, die in einen Beruf oder eine Branche wechseln, in der sie noch keine Erfahrung haben – so weit, so gut.

Quereinsteiger gelten oft als günstige Arbeitskräfte und nicht als ideale KandidatInnen

  • Quereinsteiger gelten oft als unkonventionell und sind mit einem negativen Stigma behaftet.
  • Bei Quereinsteigern denken wir meist an jemanden, der in einer früheren Karriere gescheitert ist und gezwungen ist, neu anzufangen.
  • In einer Stellenanzeige steckt hinter “Quereinsteiger willkommen” nicht selten die versteckte Botschaft, dass diese Berufsgruppe “günstig zu haben” ist, also ein niedrigeres Gehalt beziehen wird.
Echt jetzt? Sprechen nicht alle von Diversität und davon, dass diverse Teams erfolgreicher sind?

Was Quereinsteiger wirklich sind

  • BewerberInnen aus anderen Branchen sind häufig kreative, risikofreudige und flexible Menschen.
  • Quereinsteiger sind nicht an das traditionelle Ideal einer Karriere in einer Branche gebunden, sondern können Unternehmen und Teams dabei helfen, sich gegenseitig zu befruchten.
  • Quereinsteiger denken „outside the box“ und bringen neue Ideen und Lösungen ein.
  • Quereinsteiger sind intrinsisch motiviert und haben den Wunsch, sich in einer neuen Umgebung etablieren.
Unser Bildungssystem ist primär darauf ausgerichtet, das gesamte Berufsleben in einem Beruf oder einer Branche zu verharren – unabhängig davon, ob die in jungen Jahren getroffene Wahl auch im späteren Leben noch ihren Bedürfnissen und Zielen entspricht. Quereinsteiger stehen daher oft vor dem Problem, ob sie nun wieder zur Schule gehen und von ihren Ersparnissen leben müssen oder mit dem sozialen Stigma konfrontiert werden, eine erfolgreiche Karriere aufzugeben, um ihrem Herzen zu folgen. Das kann ein schwieriger Weg sein. Trotzdem hat eine XING-Umfrage ergeben, dass in unserer post-COVID-Arbeitswelt fast ein Drittel der Befragten angibt, dass die Suche nach Sinn und Freude an der Arbeit wichtiger geworden ist. Manchmal kann der Mut, die Branche oder den Beruf zu wechseln, ein Teil dieser Lösung sein. Mein Mann arbeitet ehrenamtlich bei der Münchner Tafel und trifft dort auf eine andere Art von Quereinsteiger: MigrantInnen und Flüchtlinge gehen oft das Risiko ein, in eine Branche zu gehen, in der sie keine Erfahrung haben:
  • Ein junger Mann, der in der Ukraine zum Zahnarzt ausgebildet wurde, hat sich entschlossen, Lkw-Fahrer zu werden – sein erster Schritt, um eines Tages sein eigenes Logistikunternehmen aufzubauen.
  • Eine alleinerziehende Mutter entschied sich für den Beruf als Programmiererin und hat kürzlich eine Stelle in ihrem neuen Beruf gefunden. Der Punkt ist, dass jemand, der motiviert, lernbereit und einsatzbereit ist, durchaus in der Lage ist, Neues schnell zu lernen und Wissen sowie Kompetenz aufzubauen.

Wenn es jemals eine Zeit gab, in der Unternehmen in Deutschland auf Quereinsteiger setzen sollten, dann ist diese Zeit jetzt gekommen!

Der Fachkräftemangel zwingt die Unternehmen dazu, die Einstellung und Bindung qualifizierter und motivierter Mitarbeiter zu überdenken. Ich möchte behaupten, dass einige der motiviertesten Mitarbeiter, die auf dem Markt verfügbar sind, diejenigen sind, die bereit sind, das Risiko als Quereinsteiger einzugehen.

Wenn es das Ziel ist, motivierte MitarbeiterInnen zu gewinnen, müssen Arbeitgeber im Recruiting anders denken.

Personaler müssen den Blick über den Tellerrand wagen. Sie müssen im Recruiting Prozess flexibler werden und nicht nur Stellenprofile formulieren und dann nach passenden KandidatInnen zu suchen, sondern sich auch KandidatInnen genau anschauen und deren Mehrwert für das Unternehmen oder ein Team zu sehen und entsprechend einzusetzen. Eine im Jahr 2020 veröffentlichte Studie der Bertelsmann Stiftung bestätigt immer höhere Berufschancen für Quereinsteiger; aufgrund des Mangels an Fachkräften stellen Unternehmen Quereinsteiger immer häufiger ein. Was gibt es Besseres, als motivierte MitarbeiterInnen zu haben, die ihre Arbeit lieben?

Start to think outside the box !

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