GenZ ist nicht das Problem

Warum wir alle Teil der Entwicklung sind

Von Kathrin Wood

Zwischen Work-Life-Balance, mentaler Gesundheit und wirtschaftlicher Realität

„Die Gen Z will nicht mehr arbeiten.“
„Die sind illoyal.“
„Die haben keine Lust, sich anzustrengen.“

Solche Sätze höre ich regelmäßig in Gesprächen mit Führungskräften. Stimmt das wirklich? Oder schieben wir einer ganzen Generation die Schuld für ein Problem zu, das viel größer ist?

Kein Gen-Z-Phänomen, sondern eine gesellschaftliche Entwicklung

Wir dürfen uns nichts vormachen: Der Wertewandel ist längst da.

Corona war ein Katalysator. Plötzlich haben nicht nur BerufseinsteigerInnen, sondern auch erfahrene Fachkräfte ihr Leben neu sortiert: Sie sind aufs Land gezogen, haben einen Hund angeschafft, wollen mehr Zeit für Familie und Freizeit. Statt Überstunden zählt heute Ausgleich. Statt Karriere „um jeden Preis“ zählen mentale und physische Gesundheit.

Und das betrifft nicht nur die Jüngsten im Arbeitsmarkt. Ich spreche regelmäßig mit KandidatInnen jenseits der 40 oder 50, die dieselben Prioritäten setzen. Die Pandemie hat unser Arbeitsverständnis nachhaltig verändert – über alle Altersgrenzen hinweg.

Hinzu kommt: Die Gen Z ist die erste Generation, die mit Smartphones, Social Media und ständiger Informationsflut großgeworden ist. Sie ziehen Meinungen, Vorbilder und Trends aus unzähligen Kanälen. Sie sind vernetzter, schneller informiert und stärker geprägt durch digitale Diskurse als jede Generation vor ihnen.

Der Widerspruch: Gesellschaft vs. Wirtschaft

Deutschland leistet sich im internationalen Vergleich sehr wenige Arbeitsstunden. Laut OECD waren es 2023 nur rund 1.331 Stunden pro Jahr: der niedrigste Wert unter allen 38 OECD-Staaten (OECD).

Gleichzeitig steigen die Krankheitsquoten: 15,1 Fehltage pro ArbeitnehmerIn im Jahr 2023, so das Statistische Bundesamt = europäischer Spitzenwert (Le Monde über Destatis).

Und auch beim Urlaub ist Deutschland großzügig: Mindestens 20 Tage gesetzlich vorgeschrieben, in der Praxis meist 28 bis 30 Tage. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit weit oben (WEF).

Die Rechnung ist simpel: Weniger Arbeitsstunden, mehr Urlaub, mehr Krankheitstage – und trotzdem erwarten wir Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand. Das passt nicht zusammen.

Gen Z zeigt diesen Widerspruch nur deutlicher auf. Aber die Realität betrifft uns alle: Wir wollen alles – Sicherheit, Freizeit, Gesundheit, Wohlstand – und unterschätzen, dass auch dafür Leistung notwendig ist.

Was ArbeitgeberInnen jetzt tun müssen

Unternehmen müssen sich ehrlich fragen: Wie bleiben wir attraktiv, ohne die wirtschaftliche Basis zu gefährden?

  • Flexibilität ermöglichen: Hybride Modelle, echte Vereinbarkeit statt Buzzwords.

  • Führung neu denken: Haltung, Klarheit und Konsequenz statt Mikromanagement oder laissez-faire.

  • Leistung neu definieren: Ergebnisse zählen mehr als Anwesenheit. Produktivität misst sich nicht in Stunden, sondern in Output.

Was ArbeitnehmerInnen leisten müssen

Auf der anderen Seite braucht es ein klares Commitment der Mitarbeitenden:

  • Verbindlichkeit: Work-Life-Balance darf nicht heißen, dass Verlässlichkeit und Einsatz auf der Strecke bleiben.

  • Resilienz: Belastbarkeit ist unverzichtbar, wenn Unternehmen in unsicheren Zeiten bestehen sollen.

  • Eigenverantwortung: Mentale Gesundheit ist wichtig – aber sie entbindet niemanden von beruflicher Verantwortung.

Mehr Ehrlichkeit, weniger Schuldzuweisungen

Die Gen Z ist nicht das Problem. Sie ist das Ergebnis unserer Erziehung, unserer gesellschaftlichen Narrative und unserer Entwicklungen der letzten Jahre.

Aber sie ist auch ein Spiegel: Sie zeigt uns, was wir selbst längst fühlen, aber oft nicht aussprechen. Den Wunsch nach Sinn, Ausgleich und Gesundheit.

Die eigentliche Frage ist nicht, ob wir diesen Wandel akzeptieren – er ist längst da. Die Frage ist: Wie gestalten wir den Spagat zwischen Bedürfnissen der Mitarbeitenden und den harten wirtschaftlichen Realitäten?

Dafür braucht es Ehrlichkeit. Von ArbeitgeberInnen, die echte Strukturen schaffen. Und von ArbeitnehmerInnen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.

Nur dann entsteht eine Arbeitskultur, die Zukunft hat.

 

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Wohlstand braucht leistung und leistung braucht balance

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